Alpbacher Technologie Gespräche 2011: Wir sprachen mit Carlo Ratti über …

Die Planung neuer Städte

„Wenn man eine völlig neue Stadt erbaut hat man natürlich den größten Gestaltungsspielraum. Die nachträgliche Anpassung existierender Städte ist da bereits ein wenig schwieriger, obwohl es dennoch ganz gut klappt. Denn die heute verwendeten Technologien sind sehr wenig invasiv und Gebäude können ohne großen Aufwand mit Sensoren und Netzwerkschnittstellen ausgerüstet werden. Dies ist speziell in Europa nützlich, wo historische Bausubstanzen weit verbreitet sind und wenige neue Städte entstehen. Da die verwendete Technologie sehr gebäudeschonend ist, können auch historische Gebäude nachträglich und ohne Schäden nachgerüstet werden.“

Projekte in Österreich

„Das Projekt in Graz (Anmerkung: M Stadt, Ausstellung im Kunsthaus Graz 2005/2006) war großartig. Es war die erste […] Netzwerkanalyse in Graz und glücklicherweise wurden wir von einem Telekommunikationsunternehmen mit anonymisierten Nutzungsdaten unterstützt. […] Zurzeit führen wir keine Projekte in Österreich durch. Jedoch haben wir einige Österreicher in unserem Team – einer davon ist Kristian Klöckl, Leiter der Forschungsabteilung in Singapur. Wir haben jedoch auch ein Projekt in der unmittelbaren Nähe von Österreich, nämlich in Bozen in Südtirol. [Wir haben beschlossen die Struktur der der dortigen Märkte] zu untersuchen und möchten erfahren, was passieren würde, wandelte man diese lokalen Märkte in intelligente Märkte (smart markets) um. Dann könnten die Konsumenten und Besucher des Marktes leichter jene Produkte finden, an denen die interessiert sind. Weiters könnte auch der Lieferant, der am Weg zum Markt ist, direkt beim Kunden halten – und diesem so die Anreise zum Markt ersparen. Wir blicken also in die unterschiedlichen Möglichkeiten der Neuerfindung des Marktes.

Virtual Cities

„In unserer Forschungsabteilung beginnen wir mit einer Vision – z.B.: Verfolgung jedes einzelnen Objektes durch eigene Markierung. In unserer Vision können wir alle vorhandenen Objekte stets verfolgen und diese Informationen anschließend auf die Gegenwart übertragen. Wir nennen dies eine urbane Demonstration (urban demo). In unserer Abfalluntersuchung etwa haben wir eine Gesamtzahl von 3.000 Objekten gekennzeichnet und verfolgt. Dies lässt im Anschluss eine Vielzahl an Fragen und gibt Anstoß für weitere Untersuchungen, z.B.: Optimierung, Datenanalyse, oder Datenverwendung.

In den Vereinigten Staaten wie auch im Rest der Welt haben wir das Problem, dass wir im Winter Bürogebäude nachtsüber und unsere Häuser tagsüber beheizen – selbst wenn sich niemand darin aufhält. Wir beheizen also viele leere Gebäude. Es gibt am MIT (Massachusetts Institute of Technology, Anm.) ein Projekt, in dem ein System getestet wird, das erkennt, ob sich jemand in einem Gebäude befindet oder nicht und das Gebäude dementsprechend beheizt.“

Datenschutz

„Ich denke, der Trend geht dahin, selbst zu entscheiden, wie mit persönlichen Daten umgegangen werden soll – ob anonymisiert oder nicht anonymisiert, in welchem Umfang und mit welchem Teilnehmerkreis.

Unser Team umfasst viele Mitglieder – von Mathematik, Physik, Informatik bis hin zu Design und Sozialwissenschaft sind alle Bereiche vertreten. Wir müssen vorsichtig sein, wie mit Daten umgegangen wird. Daher legen wir großen Wert auf Datenschutz. Wir wollen nicht wissen, was jeder Einzelne macht, wir sind lediglich an den Kommunikationsnetzwerken interessiert.“

Smart metering

„Wir sprechen von intelligenten Häusern und haben dazu eine Vielzahl an Ideen – von Haushaltsgeräten zu Sicherheitseinrichtungen. Dennoch haben wir bislang kein Anwendungsgebiet gefunden, das dieser Idee den Durchbruch verschafft. […] Der Durchbruch wird wahrscheinlich durch eine Kombination dieser Ansätze erfolgen. Wenn diese Anwendungsgebiete mit einander verbunden sind, wird deren Schnittstelle sehr einfach werden.“