Klimafonds
Dossier
Wärme der Zukunft

Thema
Saubere Wärme trägt zur Klimaneutralität bei

Der Begriff „Wärmewende“ bedeutet die Umstellung der Wärmeversorgung von Gebäuden und Unternehmen von fossilen Brennstoffen auf klimaneutrale Stoffe. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen konkrete Maßnahmen umgesetzt werden, wie etwa die Sanierung bestehender Gebäude, Ausbau der erneuerbaren Technologien, mehr Effizienz bei den Genehmigungsverfahren, stabile Förderprogramme oder Fachkräfteinitiativen.

Stand: Juli 2023

In Österreich soll der Umstieg von fossilen Energieträgern auf grüne Energie bis zum Jahr 2040 umgesetzt werden. Insbesondere in Bezug auf Wärme haben wir noch einen langen Weg zu gehen, denn hier sind wir immer noch größtenteils von fossilen Brennstoffen und externen Lieferanten abhängig. Heizen und Kühlen macht immerhin über 50% unseres Endenergiebedarfs aus.

Die Umstellung zur grünen Energie wurde in Bezug auf Strom und Verkehr bereits viel diskutiert, hinsichtlich Wärme wurde weniger getan. In Österreich besteht ein Unterschied zwischen West und Ost in Bezug auf die Heizmethode. Im Westen heizen die Menschen hauptsächlich mit Öl, in Zentralösterreich wird mit Fernwärme und Biomasse geheizt, und in Ostösterreich vorrangig mit Erdgas. „Wichtig ist die Wärme als Teil des Energiesystems zu sehen und diese in das gesamte Energiesystem zu integrieren“, sagt Michael Niederkofler vom Innovationslabor act4energy. Es gibt nicht die eine Lösung, sondern es müssen verschiedene Bausteine zusammengesetzt werden, um ein Gesamtsystem zu erschließen.

Erdwärmebohrung

Erdwärmebohrung © AIT

Es braucht Strategien
Die Wärmeplanung der Gemeinden wird als wichtiges Instrument für die Konzeption der Wärmewende angesehen. Langfristige, räumlich abgestimmte Strategien müssen entwickelt werden, um lokale Potentiale wie erneuere Energien, Abwärme, die vorhandene Infrastruktur und den spezifische Wärmebedarf der Gebäude zu nutzen, um dadurch die Klimaziele zu erreichen. Es ist zudem erforderlich, dass Gemeinden die Veränderungsprozesse aktiv und strategisch, mit Unterstützung von Energieversorger:innen, Wohnungsunternehmen und Eigentümer:innen planen und durchführen.

Im Südburgenland etwa gibt es dazu schon viele Ansätze wie den Einsatz von Geothermie, Wärmepumpen, Nutzung der Wärme aus dem Abwasserkanal, Windenergie und Photovoltaik.  Besonders die Photovoltaikanlagen spielen im südlichen Burgenland eine große Rolle, da die Region eine der sonnenreichsten in Österreich ist. Ein weiteres großes, weitgehend noch ungenutztes Potential hat die Geothermie.

Erdwärmebohrung

Erdwärmebohrung 2 © AIT

Geothermie – eine vergessene Technologie
Seit vielen 1.000 Jahren wird Geothermie genutzt. Das Wissen, dass die Geothermie zum Heizen verwenden werden kann, ist jedoch noch wenig verbreitet – setzt sich aber seit kurzem immer mehr durch, und dies kann bei der Wärmewende enorm viel bewirken. Mit der Geothermie können die unterschiedlichsten Wärmeanforderungen abgedeckt werden, vom Einfamilienhaus bis zu Industrie. Dafür werden unterschiedliche Temperaturbereiche und Tiefenstufen angewendet. Die Geothermie ist der einzige Energieträger, der zum Heizen, Kühlen, zur Stromgewinnung und als saisonaler Speicher verwendet werden kann. Schon im Jahr 1913 wurde das erste geothermische Kraftwerk im italienischen Larderello, in Betrieb genommen. Heute sind die USA und China führend in der Nutzung der Geothermie.

„In Österreich gibt es betreffend Geothermie ein sehr großes, noch ungenutztes Potential. Derzeit besteht eine große Nachfrage, und unsere Forschung wurde in den letzten Jahren sehr viel sichtbarer“, freut sich Edith Haslinger vom Austrian Institute of Technology. „Die Geothermie hat einerseits einen großen Vorteil, der andererseits auch ein Nachteil sein kann: sie ist unsichtbar und hat somit keinen Flächenverbrauch, das ist sehr gut für die Betreiber:innen, aber für die Kommunikation und Bewerbung der Technologie ist das schwierig“, erklärt Haslinger. Somit können sich die Menschen wenig unter dieser Technologie vorstellen.

PV-Feld

PV-Feld © Umweltbundesamt, B. Gröger

Nicht ausgeschöpftes Potential
Tatsächlich überwiegen aber die Vorteile bei dieser uralten Technologie. Geothermie ist emissionsfrei und kostenstabil. Zwar gibt es anfangs aufgrund der Bohrungen hohe Investitionskosten, dies steht jedoch sehr geringen Betriebskosten gegenüber. Ein weiterer Vorteil ist, dass sowohl oberflächennahe wie tiefe Geothermie fast überall in Österreich möglich und umsetzbar ist. „Vor allem die oberflächennahe Geothermie ist wirklich überall durchführbar. Und auch die Hydrogeothermie, die tiefe Geothermie, die an warme Thermalwässer gebunden ist, ist in Österreich bei weitem nicht ausgeschöpft. Man geht von einem Ausschöpfungsgrad von maximal 10 – 15% aus“, so Haslinger.

Windenergie

Windenergie © Umweltbundesamt, B. Gröger

Hinsichtlich der tiefen Geothermie gibt es derzeit in Österreich 10 Anlagen zur Versorgung von Wärmeanwendungen sowie zwei Anlagen zur Gewinnung von elektrischer Energie. Die größte Anlage steht in Ried im Innkreis. Bezüglich der oberflächennahen Geothermie gibt es in Österreich ca. 92.000 Erdwärmeanlagen.

In den letzten Jahren hat sich eine Vielzahl an Innovationen im Gebäudebereich, sowohl im Altbestand als auch in Neubauten, entwickelt. „Abgesehen von den Bohrungen gibt es sehr viele alternative Wärmequellen, wie etwa die erdberührten Bauteile in Gebäuden, wo die Fundierungselemente thermisch aktiviert werden. Es gibt Spiralkollektoren, Ringgrabenkollektoren oder Asphaltkollektoren“, führt Haslinger aus.

Wenn Geothermie als Speicher angewendet wird, gibt es dazu die unterschiedlichsten Systeme für unterschiedliche Temperaturbereiche. Hier hat beispielsweise die Wien Energie ein Projekt laufen, wo man in einem Speicher in 1.500 – 2.000 m Tiefe den Fernwärmeüberschuss vom Sommer saisonal speichern kann, um diesen dann im Winter wieder herauszuholen.

Wie auch immer die technischen und sozialen Lösungen aussehen: Die Energiewende in Österreich wird in erster Linie eine Wärmewende sein.

Denn nur der zielgerichtete Einsatz von modernen Technologien zusammen mit bewussten Verhaltensänderungen der Bürger:innen ermöglicht es unserer Gesellschaft, rasch ein sauberes, unabhängiges und resilientes Energiesystem umzusetzen.

Ringgrabenkollektoren

Ringgrabenkollektoren © AIT