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Wärme der Zukunft

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Kleine Gemeinde mit großer Vision
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Zur Person

Margit Wennesz-Ehrlich ist gebürtige Osliperin, seit 30 Jahren in der Landwirtschafts-kammer Burgenland tätig und nebenberuflich Winzerin. Seit 2021 ist sie Bürgermeisterin von Oslip. Wennesz-Ehrlich legt großen Wert auf den Schutz der Umwelt und der Natur.

„Ich denke, dass der Facharbeitermangel zukünftig ein großes Problem darstellen wird, denn immer weniger Jugendliche möchten handwerkliche Berufe erlernen.“

Oslip ist eines der Dörfer im Burgenland, das seinen typischen altburgenländischen Charakter behalten hat. Es befindet sich zwischen St. Margarethen und Rust und ist von der Landwirtschaft und dem Weinbau geprägt. In der Ortschaft leben 1.300 Menschen. Es wird die Zweisprachigkeit gelebt, im Kindergarten und der Volksschule wird kroatisch unterrichtet. Neben der Tradition steht hier die Wärmewende der Kommune im Fokus.

Stand: Juli 2023

Seit Oktober 2021 ist Margit Wennesz-Ehrlich Bürgermeisterin von Oslip und damit die 200. Bürgermeisterin Österreichs. Ihre Aufgabe ist es, die grüne Energie in der Gegend voranzutreiben und aufzubauen. „Vor Kurzem haben wir über die Installation von Solarenergie-Anlagen an öffentlichen Gebäuden wie der Schule gesprochen. Dies möchten wir nun möglichst bald verwirklichen.“ Außerdem plant Wennesz-Ehrlich, die alten Stromkonvektoren in der Schule zu ersetzen und die Straßenbeleuchtung mit LED zu erneuern. Diese Maßnahmen bedeuten große Investitionen für das kleine Dorf, sollen sich jedoch langfristig lohnen: „Wir waren uns nicht sicher, ob wir uns zuerst auf die Entwicklung erneuerbarer Energien konzentrieren oder ob wir die Kinderkrippe eröffnen sollten – wir haben uns natürlich für die Kinder entschieden“, erzählt Wennesz-Ehrlich.

Die Bürgermeisterin geht den gegenwärtigen Schwierigkeiten optimistisch entgegen. „Es ist von Bedeutung, dass man beim Aufbau von erneuerbaren Energien in einer Gemeinde von Anfang an ausreichend über die Produkte und Anbieter informiert ist“, betont Wennesz-Ehrlich, „und es ist notwendig, sich viel Zeit zu nehmen und mit Kolleg:innen zu kooperieren, die bereits solche Projekte realisiert haben.“

Um die geplanten Photovoltaikanlagen zu installieren, sind sowohl Material als auch qualifizierte Fachkräfte erforderlich, was derzeit ein Problem darstellt. „Glücklicherweise haben die Firmen, die wir kontaktierten, derzeit kein Problem Fachkräfte zu finden, jedoch gibt es längere Wartezeiten auf bestimmte Materialien“, sagt Wennesz-Ehrlich.

Die Erfahrungen haben gezeigt, dass man bei den ersten Umsetzungsschritten immer mehrere Angebote einholen muss und dass die Ausschreibung so gestaltet werden sollte, dass die Angebote gut vergleichbar sind. Es ist von Bedeutung, sich darüber zu informieren, wer die Firma, die das Angebot präsentiert, repräsentiert und vertritt. „Wenn man solch ein großartiges Projekt angeht, braucht man immer eine:n Ansprechpartner:in und muss wissen, wer die Referenzen dieser Firma sind. Wie steht die Firma mir als Kommune gegenüber, ist sie interessiert, geht sie auf meine Bedürfnisse ein? Egal, welches Projekt wir bisher umgesetzt haben, es war mir immer wichtig zu schauen, ob die Leute, die mit der Umsetzung betraut waren, mit Herzblut dabei sind, oder das Projekt einfach schnellst möglich durchziehen möchten“, betont die Bürgermeisterin.

Um die zahlreichen Veränderungen in der Region im Bereich der Photovoltaik und anderer erneuerbarer Energien umzusetzen, ist es unbedingt notwendig, ein starkes Team zu bilden, das sich mit den Ideen intensiv auseinandersetzt und diese schnell umsetzt. Für jedes größere Projekt gibt es daher in Oslip eine Arbeitsgruppe, die sich intensiv mit dem jeweiligen Projektthema auseinandersetzt.

Im Gemeinderat arbeiten junge, interessierte Mitarbeiter:innen, die technisch versiert sind und zum Teil auf der Universität für Bodenkultur studieren und daher auch mit Kolleg:innen auf der Technischen Universität vernetzt sind. „Ich komme immer wieder aus dem Staunen nicht mehr heraus, wenn ich sehe, was die jungen Leute alles wissen. Ich bin für dieses motivierte Team sehr dankbar“, freut sich Wennesz-Ehrlich. „Vor zwanzig Jahren wäre es noch undenkbar gewesen, dass junge Menschen um die 25 Jahre im Gemeinderat arbeiten, und heute ist es zum Glück möglich.“ Bei der Führung ihres Teams setzt Frau Wennesz-Ehrlich ebenfalls auf einen zeitgemäßen Stil: „Ich finde es wichtig, dass man seinen Mitarbeiter:innen eine lange Leine lässt und jedem:jeder das Gefühl gibt, einzigartig und wichtig zu sein. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man auf diese Weise viel erreichen kann“, erzählt Wennesz-Ehrlich.

Trotzdem muss in der kleinen Gemeinde hin und wieder Überzeugungsarbeit geleistet werden. „In unserer Gemeinde ist jung und alt gut durchmischt, und zumeist kann man sich in der Mitte treffen. Trotzdem müssen die Jungen die ältere Generation überzeugen“, so Wennesz-Ehrlich. Es ist für die Bürgermeisterin von großer Bedeutung, dass die Einwohner:innen vor der Umsetzung der Maßnahmen umfassend informiert werden, da eine stärkere Einbindung der Bevölkerung in die Erneuerungen zu einer besseren Umgangsweise mit Veränderungen führt.

Frau Wennesz-Ehrlich betont, dass Weiterbildung ein wichtiges Thema ist, um immer up to date zu bleiben. Dies gilt sowohl für neue Technologien für die Energiewende als auch für Themen wie die burgenländischen Gesetze. Sie geht häufig zu Vorträgen, Konferenzen oder Workshops, um dies zu erreichen. Für die Zukunft wünscht sich  Bürgermeisterin Wennesz-Ehrlich, dass die Bevölkerung zusammenhält und an einem Strang zieht, auch wenn man Kompromisse oder Umwege gehen muss. „Ich bin zuversichtlich, dass die meisten von uns sehr motiviert sind und bereits viele interessante Projekte umgesetzt werden können. Und es werden in Zukunft noch viele weitere nachkommen“, ist Margit Wennesz-Ehrlich überzeugt.