Klimafonds
Dossier
Investieren in die Energiewende

Interview
„Es ist genügend Geld für Finanzierungen am Markt!“
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Zur Person

Gottfried Heneis ist Geschäftsführer der Energy Changes Projektentwicklungs GmbH.

Das österreichische Unternehmen begleitet weltweit Kommunen, Investoren und Bauherren bei der Realisierung von Umweltprojekten. Gottfried Heneis ist einer von mehreren Geschäftsführern und hat mehr als 20 Jahre Erfahrung im Finanzierungsbereich (Leasing, Contracting, PPP- und Betreibermodelle sowie Ökoenergie-Investment-gesellschaften). Seit 2015 ist er auch Geschäftsführer der crowd4projects GmbH zur Finanzierung von Klimaschutzprojekten und nachhaltigen Energie(effizienz)-Projekten mit den Plattformen Crowd4Climate und Crowd4Energy.

„Es ist ausreichend finanzieller Spielraum vorhanden. Man muss nur die Mittel, die aktuell für den Ankauf von CO2-Zertifikaten reserviert werden, in nachhaltige Energieprojekte investieren.“

Die Finanzierung nachhaltiger Energieprojekte ist oft schwierig, die Gründe dafür sind vielfältig. Mangelt es an Investitionsbereitschaft oder an den passenden Projekten? Ein Gespräch mit Finanzexperte Gottfried Heneis, Geschäftsführer des Klimaschutz-Beratungsunternehmens Energy Changes Projektentwicklung GmbH und der Crowd4Projects GmbH.

Stand: Jänner 2020

Herr Heneis, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, sind in Zukunft mehr und höhere Investitionen in die Energiewende nötig. Welche Herausforderungen und Hürden stellen sich bei der Finanzierung von nachhaltigen Energieprojekten?

Wir müssen dabei zwischen der Finanzierung von Ökoenergie- und Energieeffizienzprojekten unterscheiden. Bei Ökostromprojekten wären garantierte Strompreise wie beispielsweise eine Tarifförderung sinnvoller als direkte Investitionszuschüsse, da sich damit kurzfristig ein größeres Volumen umsetzen ließe. Die Fördergelder werden damit über die Tariflaufzeit ausgezahlt, und sollte während dieser Zeit der Strompreis über ein definiertes Niveau steigen, ist auch keine Unterstützung notwendig.

© 123rf

Investitionshebel Tarifförderung? Gottfried Heneis: „Garantierte Strompreise könnten bei der Umsetzung von Ökostromprojekten mehr bewirken als direkte Investitionszuschüsse.“

In dem Fall würde sich das Projekt also selbst rechnen?

Genau. Eine Tarifförderung bietet damit einerseits den FördergeberInnen die Möglichkeit zur Reduktion des finanziellen Aufwands, ist der Strompreis hoch genug, muss nicht unterstützt werden. Andererseits gibt sie aber auch PojektbetreiberInnen mehr Sicherheit bei jenen Risiken, die sie selbst nicht beeinflussen können.

Das klingt nach einer Win-win-Situation?

Das ist es im Grunde genommen auch und nur vor diesem Hintergrund rechnen sich Ökostromprojekte auch langfristig. Wenn ausschließlich Investitionsförderungen gegeben werden, ist dies nur bei den Projekten der Fall, bei denen eine große Menge des Stroms selbst verbraucht wird, die also auf einen hohen Eigenverbrauchsanteil ausgelegt sind.

Und wie sieht das bei Energieeffizienzprojekten aus?

Dort braucht es eine Kombination aus Förderungen, Anreizsystemen wie Steuererleichterungen und Verpflichtungen. Energieeffizienzmaßnahmen wie beispielsweise die Umstellung eines Heizungssystems werden kaum nur aus Gründen der Energieeinsparung gemacht. Dabei spielen meist auch andere Faktoren eine Rolle, etwa die Tatsache, dass ohnehin das Badezimmer renoviert werden soll und im Zuge der Baumaßnahmen die Heizung gleich miterneuert wird. Das gilt es mit zu bedenken, wenn man mehr Projekte auf die Straße bringen will.

Förderungen, Zuschüsse und Steuererleichterungen kosten Geld, das meist niemand ausgeben mag. Woher also nehmen?

Das Problem existiert grundsätzlich nur auf dem Papier. Alleine auf politischer Ebene wäre genügend finanzieller Spielraum vorhanden, wenn man die Mittel, die aktuell für den Ankauf von CO2-Zertifikaten reserviert werden müssen, in nachhaltige Energieprojekte investieren würde. Damit ließe sich das System mittel- bis langfristig mit Blickrichtung der Pariser Klimaziele deutlich positiver gestalten.

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Großer Investitionsbedarf: Die Realisierung der Energiewende erfordert in den kommenden Jahren national und international große Kraftanstrengungen und Milliardeninvestitionen.

Könnte auch eine CO2-Steuer zur Finanzierung beitragen?

In jedem Fall. Ich bin ein Anhänger einer CO2-Steuer, die bei einem gleichzeitigen Wegfall anderer Steuern aufkommensneutral wäre, aber dabei helfen würde, die Prioritäten nachhaltiger zu setzen. Damit könnte die Entwicklung beschleunigt werden, wenngleich aktuell auch unabhängig davon genügend Geld zu günstigen Konditionen am Markt ist, um nachhaltige Energieprojekte ausreichend finanzieren zu können.

Inwiefern?

Aufgrund der niedrigen Zinsen tut sich aktuell vor allem die öffentliche Hand bei der Finanzierung entsprechender Projekte sehr leicht. Auch gutverdienende Unternehmen haben es nicht sehr schwer. Einzig Unternehmen mit schlechter Bonität haben Schwierigkeiten, eine Finanzierung aufzustellen, aber da liegt die Problematik in einem anderen Bereich.

Würden andere Rahmenbedingungen von staatlicher Seite noch mehr Investitionen ermöglichen und erleichtern?

Natürlich, wobei eine Kombination von verschiedenen Faktoren ideal wäre: Es bräuchte mehr gesetzliche Verpflichtungen, aber auch mehr Anreizsysteme, damit Investitionen, die in einigen Jahren geplant sind, vorgezogen werden und zeitnah wirken. Ein wichtiger Schritt dahingehend ist die am 1. August 2019 in Kraft getretene Novelle des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG). Diese erleichtert beispielsweise die Umsetzung der Versorgung mit erneuerbarer Energie und Energieeffizienzmaßnahmen. Auch andere Gesetze sollten in diese Richtung angepasst werden. Ich denke da etwa an das Wohnungseigentumsgesetz, das Mietrechtsgesetz oder die Energieeffizienzrichtlinie.

Wie sieht es mit der Bauordnung aus? Braucht es da auch Anpassungen?

Jede Verbesserung ist wünschenswert, wobei die Bauordnung etwa mit der Solarverpflichtung beim Neubau prinzipiell schon sehr weit ist. Der Sanierungsbereich hinkt da im Vergleich etwas hinterher. In dem Bereich wären weitere Förderungen notwendig und sinnvoll. Da gäbe es noch viel Potenzial.

Welche Rolle spielen Förderungen bei den Investitionen in die Energiewende?

Förderungen sind ein wichtiger Teil bei der Finanzierung der Energiewende – und das gilt sowohl national als auch international. Wobei zu beachten ist, dass EU-Förderungen zumeist nur in Kombination mit Inlandsförderungen beantragt werden können.

Weil?

Weil es zumeist einen Fördergeber in Österreich braucht, der die ganze Abwicklung, Prüfung und Kontrolle des Projektes übernimmt. Es ist allerdings meist kein Problem, die notwendigen Volumina bei einer EU-Förderung zu erreichen.

Können Sie Beispiele nennen?

Ein Beispiel ist die Umweltförderung Inland des Bundes über die Kommunalkredit Public Consulting GmbH (KPC), aber auch Landesförderungen. Die Landesförderungen sind von Bundesland zu Bundesland verschieden, im Baubereich können die Bausparkassen darüber Auskunft geben, im unternehmerischen Bereich Landesförderstellen. Oft gibt es für jede Förderung auf allen Ebenen, also Bund, Länder und Gemeinden, einzelne Förderstellen und Ansprechpersonen.

Das klingt nach einem enormen bürokratischen Aufwand!

Gerade im Energieeffizienz-Bereich sind die bürokratischen Hürden sehr hoch und Förderungen ohne Unterstützung von technisch versierten BeraterInnen nur schwer zu erlangen.

Welche Rolle spielen bei alledem Risikoabsicherungsinstrumente?

Vor allem im gewerblichen Bereich sind Risikoabsicherungsinstrumente beispielsweise durch das Austria Wirtschaftsservice (AWS) oder das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) sehr wichtig. Voraussetzung dafür ist aber ebenfalls, dass sie praktikabel sind und ohne hohen bürokratischen Aufwand ausgestaltet werden können. Ansonsten verfehlen die Maßnahmen ihr Ziel. Als positives Beispiel kann hier der „Raus aus dem Öl“-Bonus von KPC und BMNT genannt werden. Diese Förderung sollte allerdings nicht budgetär begrenzt werden, sondern langfristig zur Verfügung stehen.

Und welches Potenzial sehen Sie bei den Finanzierungsinstrumenten Leasing und Contracting? Gibt es Möglichkeiten, die Anwendung dieser Finanzierungsinstrumente zu erleichtern?

Das Potenzial von Leasing ist sehr groß, vorausgesetzt, es wird ein gutes Dienstleistungsmodell dargestellt. Das Instrument Energieeinspar-Contracting wird aktuell hingegen noch sehr wenig genutzt und reicht allein leider auch nicht aus, um eine umfassende Gebäudesanierung über Energieeinsparungen zu finanzieren. Contracting ist daher nur in Kombination mit anderen Finanzierungsinstrumenten sinnvoll, beispielsweise bei einem Hotel über die Österreichische Hotel- und Tourismusbank mit KPC. Eine größere Sanierung wird daher oft im Rahmen bereits anstehender baulicher Maßnahmen umgesetzt.

Inwiefern kann Crowdinvesting einen Beitrag zur Finanzierung der Energiewende sein?

Der Vorteil von Crowdinvesting ist, dass das eingesammelte Geld von vielen Banken als Eigenkapital anerkannt wird. Wenn jemand ein gutes Projekt hat und dafür einen Kredit bekommt, fährt er mit diesem Vorteil meistens billiger. Unter dem Strich ist Crowdinvesting damit eine gute Ergänzung zur Kreditfinanzierung, aber man sollte nicht zu 100 Prozent über die Crowd finanzieren.

Wieso das?

Weil Crowdinvesting für Unternehmen zwar ein interessantes Finanzierungsinstrument ist, bei 100 Prozent-Finanzierungen aber einfach zu teuer kommt. Viel besser und günstiger ist ein Mix aus Eigenkapital, Kredit und Förderungen. Auch Gutscheinmodelle sind interessant, so hat zum Beispiel ein Supermarkt mit der Unterstützung vieler InvestorInnen eine PV-Anlage errichtet und zahlt das Investment nun jährlich mit verzinsten Einkaufsgutscheinen zurück. Derartige Beteiligungen können sogar zur KundInnenbindung beitragen und die regionale Identität stärken.

Abschließend: Viele InvestorInnen sind der Meinung, dass es aktuell genügend Finanzmittel zur Förderung nachhaltiger Energieprojekte gibt, es aber an entsprechenden Projekten mangelt. ProjektbetreiberInnen wiederum beklagen Schwierigkeiten bei der Finanzierung. Wer hat recht?

Beide. Einerseits gibt es wie zuvor bereits erwähnt genügend günstiges Geld am Markt, andererseits scheitern aber viele nachhaltige Energieprojekte daran, ihr Projekt in ein geeignetes Geschäftsmodell umzusetzen. Dazu kommt: InvestorInnen bevorzugen zumeist größere Investitionsvolumina. Kleine und mittelgroße Projekte mit einem Volumen bis zehn Millionen Euro tun sich daher sehr schwer, echtes Eigenkapital aufzustellen.