Kohlenstoff abscheiden. Und dann? 

In der Diskussion um Klimaneutralität gewinnt das Thema Carbon Capture, Utilization and Storage (CCUS) immer mehr an Bedeutung. Doch worum geht es dabei? Und wie können Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung zur Klimawende beitragen?

Im Kontext von Carbon Capture, also Kohlenstoffabscheidung, können zwei unterschiedliche Technologien angesprochen werden. Carbon Capture and Storage (CCS) bezeichnet eine Kette von Technologien zur Reduktion von CO2-Emissionen durch Abscheidung von Kohlenstoffdioxid und der anschließenden permanenten Speicherung des abgeschiedenen CO2 im geologischen Untergrund. 

Unter Carbon Capture and Utilization (CCU) wird die Nutzung von abgeschiedenem CO2 für die Herstellung von kohlenstoffhaltigen Produkten in chemischen und technischen biologischen Prozessen verstanden.  

Bedeutung von Carbon Capture für die Dekarbonisierung.

Die Internationale Energieagentur IEA sieht in ihren Einschätzungen Kohlenstoffabscheidung und -speicherung als eine Option, um die Emissionen von schwer dekarbonisierbaren Sektoren zu verringern. Insbesondere die Zementindustrie, die Stahlindustrie und die Chemieindustrie könnten laut IEA diese Technologie anwenden und so zur Klima- und Energiewende beitragen. Aus diesem Grund unterstützt auch der Klima- und Energiefonds CCU- und neuerdings auch CCS-Forschungs- und Demonstrationsprojekte, die Lösungen für die Dekarbonisierung der Industrie in Österreich entwickeln.

Dabei gilt allerdings: Für den Klima- und Energiefonds ist die Reduktion von Treibhausgasemissionen das oberste Leitprinzip. Daher setzt sich der Klima- und Energiefonds für Technologien ein, die Emissionen reduzieren, oder noch besser, erst gar nicht entstehen lassen. Im Vordergrund muss nach Ansicht des Klima- und Energiefonds der Ersatz von treibhausgasintensiven Prozessen und Produkten durch treibhausgasarme oder treibhausgasneutrale Alternativen stehen. Nur auf ein absolut unvermeidbares Minimum reduzierte Restemissionen sollen in Zukunft durch technische Senken wie CCS ausgeglichen werden. 

Förderprogramme zu Carbon Capture

Derzeit gibt es verschiedene Programme, in deren Rahmen Kohlenstoffabscheidetechnologien gefördert werden können. Im aktuellen Programm Energieforschung ist der dritte Ausschreibungsschwerpunkt dem Thema Negativemissionstechnologien für schwer vermeidbare Emissionen gewidmet. Projekte zu Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung können aus den dafür vorgesehenen Mitteln gefördert werden. Insgesamt stehen für das aktuelle Programm Energieforschung 10 Millionen Euro zur Verfügung. Die Einreichfrist läuft bis 13. März 2024, 12.00 Uhr. Mehr Informationen finden sich hier.

Ebenfalls zur Förderung von Carbon-Capture-Technologien kann die FTI-Initiative für die Transformation der Industrie genutzt werden. Hier steht die Entwicklung technologischer Lösungen im Vordergrund, die die prozessinduzierten Treibhausgasemissionen verringern und auf Kreislauffähigkeit ausgerichtet sind. Der Fokus liegt dabei auf marktnaher Forschung sowie Pilot- und Demonstrationsprojekten. Bis 2027 stehen 310 Millionen Euro zur Verfügung. Mehr Informationen zur FTI-Initiative für die Transformation der Industrie finden sich hier.

Aktuelle österreichische Projekte zu Carbon Capture

Die Bedeutung von Forschung zum Thema Carbon Capture nimmt jedenfalls zu. Im Rahmen der FTI-Initiative Vorzeigeregion Energie wird beispielsweise das Projekt “Carbon – Cycle Economy Demonstration (C-CED)” durchgeführt und gefördert. Das Programm, das bis Mitte 2025 läuft, gehört zur Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria Power & Gas (WIVA P&G) und will durch die Kombination und Demonstration verschiedener CO2-Abscheide- und CO2-Verwertungstechnologien zeigen, wie ein nachhaltiger und geschlossener Kohlenstoffkreislauf etabliert werden kann. Dabei wird CO2 im Pilotmaßstab aus verschiedenen Quellen abgeschieden und in erneuerbares Methan umgewandelt. Das Projekt wird unter der Leitung der RAG Austria mit acht weiteren Partnern aus Wirtschaft und Forschung durchgeführt. 

Im Förderprogramm Energieforschung läuft derzeit das Projekt „ZEUS – Zero Emissions throUgh Sectorcoupling”. Darin wird an der Entwicklung und sektorübergreifenden Demonstration einer klimaneutralen Prozesskette in der Stahl- und Zementindustrie gearbeitet. Dabei sollen eine CO2-Abscheidungstechnologie bis zum Technologiereifegrad 6 (Prototyp in Einsatzumgebung) entwickelt und ein CCU-Prozess für die strombasierte Erzeugung von chemischen Grundstoffen demonstriert werden. Das Projekt wird vom K1-Met Metallurgischem Kompetenzzentrum geleitet und mit neun Forschungs- und Wirtschaftspartnern abgewickelt. 

Ein anderes spannendes CCU-Projekt ist „co2ol catalyst“, ein Spin-Off der TU Wien, der von Katharina Föttinger und Christian Weilach gegründet wurde und im Vorjahr den ersten Platz beim greenstart Programm für innovative und klimarelevante Geschäftsideen gewinnen konnte. Föttinger und Weilach haben ein Verfahren entwickelt, das das Recycling von CO2-Emissionen zu Methanol ermöglicht. Methanol kann unter anderem als Treibstoffzusatz oder als Grundmaterial für die Weiterverarbeitung zu hochwertigen Kunststoffen Verwendung finden. Die Technologie basiert auf einem neuartigen Katalysatormaterial, das nicht nur in der Chemie-, sondern auch in der Stahl- und Zementindustrie einsetzbar ist. 

Carbon Capture international: Wie wird es weitergehen?

Nach Angaben der Internationalen Energieagentur IEA sind derzeit weltweit rund 40 kommerzielle Anlagen im Betrieb, die CCUS, also Kohlenstoffabscheidung, -nutzung und -speicherung einsetzen. Über 500 Projekte befinden sich in der Entwicklung. Trotz dieser Zahlen, urteilt die IAE, bleibt der Einsatz von CCUS deutlich hinter den Dimensionen zurück, die zur Erreichung der Klimaneutralität notwendig wären. 

Dementsprechend hoch steht das Thema auch auf der Agenda der EU. Die Europäische Kommission sieht Technologien zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung als einen wichtigen Bestandteil der EU-Dekarbonisierungsbemühungen. Der von der Kommission im März 2023 vorgeschlagene Net Zero Industry Act sieht vor, bis 2030 europaweit eine jährliche CO2-Speicherkapazität von 50 Millionen Tonnen zu erreichen. Die Kommission hat überdies kürzlich eine neue EU-Strategie zur Schaffung eines Marktes für industrielles Kohlenstoffmanagement vorgelegt.

Kommt geologische Kohlenstoffspeicherung auch in Österreich?

In Österreich ist die geologische Speicherung von CO2 derzeit verboten. Ausgenommen sind Forschungsprojekte mit einem maximalen Gesamtspeichervolumen von 100.000 Tonnen CO2. Das entsprechende Bundesgesetz wird alle fünf Jahre evaluiert, der letzte Evaluierungsbericht wurde 2019 veröffentlicht.

Der Klima- und Energiefonds fördert auch Forschung zum Thema Kohlenstoffspeicherung. Im Rahmen des Programms Austrian Climate Research Programme (ACRP) wird im Projekt CaCTUS derzeit untersucht, welchen Beitrag Kohlenstoffnutzung und Kohlenstoffspeicherung zur Erreichung der langfristigen österreichischen Klimaziele leisten können. Im Projekt geht es unter anderem darum, das Potential von CCU und CCS gemäß dem Nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) zu identifizieren und zu quantifizieren.   

Fotocredit: (c) voestalpine/Eder