Großforschungs- und Umsetzungsprojekt für CO2-freie Fernwärme gestartet

ThermaFLEX: Intelligente Wärmeversorgung der Zukunft

Schon heute wird jedes vierte Haus in Österreich über Wärmenetze versorgt – sie zu flexibilisieren ist das Ziel des Leitprojekts ThermaFLEX. Eine konsequente Integration von erneuerbaren Energien und Abwärme in die Wärmenetze der Zukunft würde nicht nur die Luft in den Städten verbessern, sondern auch beträchtliche Anteile an CO2-Emissionen vermeiden, die Versorgungssicherheit erhöhen und die Verbraucher langfristig vor steigenden Öl- und Gaspreisen schützen.

Rund 5.400 Kilometer kostbare Wärmeleitungsinfrastruktur sind in Österreich derzeit verlegt. Sie führen vorbei an Kläranlagen sowie Industrie- und Gewerbebetrieben, deren Rest- und Abwärme vielfach genutzt werden könnte, und auf ihrem Weg liegen Freiflächen, auf denen Solarwärmeanlagen und Wärmespeicher installiert werden könnten. Um solche alternativen Energiequellen zukünftig für die Wärmenetze zu erschließen, hat der Klima- und Energiefonds, finanziert aus Mitteln des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, Anfang des Jahres das Leitprojekt ThermaFLEX gestartet. Ziel des für vier Jahre anberaumten Projekts ist es, Strategien für die Flexibilisierung von Wärmenetzen zu entwickeln, um den Anteil CO2-freier Wärme zu erhöhen.

Innovationsminister Norbert Hofer: „Mit Projekten wie diesem, das in der Vorzeigeregion Green Energy Lab umgesetzt wird, schlagen wir einen zukunftsorientierten Weg in Richtung innovativer, sicherer und leistbarer Energie ein. Nur starke Allianzen aus Wirtschaft und Wissenschaft ermöglichen es, diesen Weg erfolgreich zu gehen und damit unsere nationale Klima- und Energiestrategie #mission2030 umzusetzen.“
„Wärmenetze eignen sich hervorragend zur Einbindung von erneuerbaren Energien sowie Abwärme und ermöglichen die Kopplung mit anderen Energiesektoren bzw. Energieinfrastrukturen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang das Abfedern der Unterschiede zwischen Erzeugung und Verbrauch durch flexible Speicherkapazitäten und intelligente Regelstrategien“, erklärt Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds.
Und genau hier setzt ThermaFLEX an, das von dem österreichischen Forschungsinstitut AEE – Institut für Nachhaltige Technologien (AEE INTEC) geleitet wird. 27 Projektpartner aus Energiewirtschaft und Forschung sowie Technologieanbieter werden in den kommenden vier Jahren die Umsetzung von sieben Demonstrationsanlagen zur Flexibilisierung von Wärmenetzen unterstützen.

„Dabei war uns bei der Festlegung der Pilotprojekte eine große Bandbreite an unterschiedlichen technischen Maßnahmen und Wärmequellen wichtig, um hier bestmöglich Lerneffekte für die Übertragung der Erkenntnisse auf andere Städte generieren zu können“, berichtet Christian Fink, zuständiger Bereichsleiter bei AEE INTEC.

Abwärme, Abwasser, Solarwärme oder Biogas als flexible Wärmequellen

Eines dieser Vorhaben ist die Kopplung der Biogas-Produktion in der Kläranlage in Gleisdorf, Steiermark, mit der Energieversorgung der Stadt. In einem ersten Schritt optimiert das Projektteam die Biogasproduktion im Faulturm, um das überschüssige Biogas zur städtischen Energieversorgung zu nutzen. Es soll also in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage verbrannt werden, um Energie für das wachsende Wärmenetz der Stadt zu erzeugen. Diese neue Wärmequelle ergänzt in Verbindung mit einem Großwasserwärmespeicher ein bereits dezentralisiertes Heizwerk, das aus Wärmeerzeugern wie Biomassekessel, Solarwärmeanlagen und Gasspitzenlastkessel sowie Wasserspeichern besteht. Das Projektteam von ThermaFLEX wird dieses komplexe System als „virtuelles Heizwerk“ simulieren und dazu intelligente Regelungsstrategien entwickeln.

Ein weiteres Projekt beabsichtigt, in der Stadt Salzburg zusätzliche industrielle Abwärme zu nutzen. Dafür muss zunächst die Temperatur im Rücklauf des Wärmenetzes Salzburg-Hallein gesenkt werden. Dies erfolgt über eine thermisch angetriebene Wärmepumpe im MW-Bereich, die über eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage auf Basis von Biomasse angetrieben wird.

„Damit kann eine zusätzliche Leistung von 30 MWth auf Basis von Erneuerbaren und Abwärme für das Salzburger Wärmenetz bereitgestellt werden“, erläutert Sebastian Schuller, Centerleiter Assetmanagement Erzeugung bei Salzburg AG.

Im Wiener Bezirk Liesing soll die im Kanalabwasser enthaltene Restwärme angezapft werden. Dabei werden Temperaturniveaus im Abwasser von rund 10 bis 14°C durch eine elektrisch angetriebene Wärmepumpe auf rund 70°C angehoben und in das Wärmenetz des Stadtteils eingespeist.
Die übrigen vier Demonstrationsanlagen im Projekt ThermaFLEX leisten allesamt weitere wichtige Beiträge zur CO2-Freiheit in der Fernwärme und betreffen die steirischen Bezirksstädte Leibnitz und Weiz sowie die Städte Salzburg und Wien. Als alternative großtechnische Wärmequellen sollen hier Industrieabwärme, Wärme aus Wärmerückgewinnung sowie Solarwärmeanlagen und Biomasse die Wärmenetze stützen und fossile Energieträger ersetzen.

Millionenförderung für innovative Energieversorgung

Insgesamt stellt der Klima- und Energiefonds für das Forschungsprojekt ThermaFLEX und die Demonstrationsprojekte rund 8 Millionen Euro an Fördermitteln bereit, davon etwa 5 Millionen Euro als Investitionsförderung und knapp 3 Millionen Euro für die begleitenden Forschungsarbeiten.

Die Forschungspartner unterstützen die Wärmenetzbetreiber gezielt bei der detaillierten Ausarbeitung der Demonstrationsanlagen und der systemischen Integration. Mit der Umsetzung erster Maßnahmen ist Ende 2019 zu rechnen.

Musterlösungen aus Österreich

ThermaFLEX ist das größte Projekt innerhalb des vom Klima- und Energiefonds initiierten Programms „Vorzeigeregion Energie“. Dieses Programm soll mit innovativen Energietechnologien aus Österreich Musterlösungen für intelligente, sichere und leistbare Energie- und Versorgungssysteme entwickeln und demonstrieren. ThermaFLEX gehört zum „Green Energy Lab“, eine von drei Vorzeigeregionen. Die anderen beiden sind New Energy for Industry (NEFI) und Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria Power & Gas (WIVA P&G). Bis 2021 beabsichtigt der Klima- und Energiefonds insgesamt 120 Millionen Euro für das Gesamtprogramm zu investieren.

Ihr Ansprechpartner

Klima- und Energiefonds

Katja Hoyer
Tel. (+43 1) 585 03 90-23

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