Klimafonds
Dossier
Investieren in die Energiewende

Pro & Contra
Gibt es genügend Geld für die Finanzierung der Energiewende?

Viele Player im Bereich besonders innovativer grüner Energielösungen beklagen fehlende Finanzierungsmöglichkeiten. GeldgeberInnen wiederum kritisieren, dass es zwar genügend Kapital gibt, viele Projekte aber nur schwer kalkulierbar und damit kaum zu finanzieren sind.

Stand: Jänner 2020

PRO

SUSANNE HASENHÜTTL, ÖGUT

Der Engpass für die Umsetzung der Energiewende liegt aus meiner Sicht in vielen Fällen nicht beim Kapital, sondern auf Projektebene. Zwar gibt es mit den unterschiedlichen Programmschienen des Klima- und Energiefonds sowie anderen Fördergebern Institutionen, die auch in riskante und besonders innovative grüne Energielösungen investieren. Darüber hinaus verhindern aber fehlende regulatorische und gesetzliche Rahmenbedingungen und langwierige Genehmigungsverfahren die Realisierung vieler Projekte.

Wenn europaweit jährlich zusätzlich 180 Milliarden Euro investiert werden müssen, um die Klimaschutzziele zu erreichen, kann das nur über einen Mix aus Großinfrastruktur und kleinen Projekten bis hin zur Aktivierung der Dächer von Privathäusern für Photovoltaik-Anlagen gelingen. Es besteht dafür auch ein enormes Potenzial angesichts des großen Erneuerungs- und Investitionsbedarfs – konkrete Umsetzungen gibt es insbesondere im Innovationsbereich dennoch viel zu wenige.

Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich: So sind Banken mit der Verschiedenartigkeit von erneuerbaren Energieprojekten oft überfordert. Zudem verfügen sie über zu wenig Know-how bei dieser Art von Investitionen im Finanzierungsmarkt – etwa im Vergleich zu Immobilienfinanzierungen. Daher sind insbesondere innovative Projekte für Finanzinstitutionen nicht sonderlich attraktiv. Aus Sicht einer Bank fehlen zudem zumeist Besicherungen und/oder Eigenkapital, das aus Risikoüberlegungen heraus rechtlich aber zwingend erforderlich ist.

ProjektbetreiberInnen monieren zudem oftmals, dass ihre Projekte zu klein und daher für herkömmliche Finanzierungsinstrumente nicht geeignet sind. Green Bonds, grüne Anleihen, sind im Grunde ein ideales Instrument, um dieser Problematik Herr zu werden. Auch Crowdinvesting-Plattformen könnten in solchen Fällen ins Spiel kommen, insbesondere diejenigen, die sich auf nachhaltige Energiethemen spezialisiert haben. Diese Plattformen suchen Projekte mit kleineren Volumina. Hier übernimmt die „crowd“, also viele Einzelpersonen, die Finanzierung, das Risiko wird auf viele Köpfe verteilt. Mit Beteiligungsmöglichkeiten ab bereits 100 oder 250 Euro halten sich dabei auch mögliche Verluste in Grenzen. Damit gibt es auch für kleine Projekte interessante alternative Finanzierungsinstrumente. Voraussetzung, damit diese zur Anwendung kommen können, ist aber trotzdem die wirtschaftliche Darstellbarkeit der Projekte und diese ist leider vor allem bei besonders innovativen – und damit aus Sicht von InvestorInnen auch besonders riskanten – Projekten in vielen Fällen nicht oder nur unzureichend gegeben.

„Es gibt interessante Finanzierungsinstrumente auch für kleinere und besonders innovative Projekte. Voraussetzung, damit diese zur Anwendung kommen können, ist aber die wirtschaftliche Darstellbarkeit der Projekte und diese ist leider in vielen Fällen nicht gegeben.“

Zur Person:
Susanne Hasenhüttl baute bei der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) das Themenfeld „Nachhaltiger Finanzmarkt und Grünes Investment“ auf und beschäftigt sich seither mit den vielfältigen Fragestellungen in diesem Bereich. Sie ist zudem Leiterin der Nachhaltigkeitszertifizierung für betriebliche Vorsorgekassen und Pensionskassen und seit März 2018 Mitglied der Geschäftsführung der Crowdinvesting-Plattformen Crowd4Climate und Crowd4Energy.

 

 

CONTRA

HERBERT GREISBERGER, eNu

Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien und insbesondere der Energieeffizienz zeichnen sich durch vergleichsweise hohe Investitionskosten und geringe laufende Kosten aus. Deshalb ist die Startfinanzierung von zentraler Bedeutung. Leider verhindern einige strukturelle Hindernisse mehr Realisierungen.

Um hohe Investitionen langfristig zu einem erfolgreichen Investment zu machen, bedarf es in erster Linie klarer Planbarkeit und Investitionssicherheit, die allerdings in vielen Fällen und insbesondere bei besonders innovativen Projekten ohne Vorbildfunktion nicht gegeben sind. Internationale Vereinbarungen und nationale Absichtserklärungen reichen hierfür nicht aus. Es bräuchte darüber hinaus auch Möglichkeiten zur langfristigen Planung, etwa die Bepreisung von treibhausrelevanten Emissionen sowie die Beschränkung von Emissionen und die Beschränkung des CO2-Handels. Nur so kann eine höhere Investitionssicherheit – auch bei besonders innovativen Umsetzungen – hergestellt werden. Gleiches gilt für Förderprogramme, die ebenfalls langfristige Planungssicherheit herstellen müssen, um mehr privates Kapital für die Energiewende zu aktivieren.

Ungeachtet dessen sind viele innovative Energielösungen auch unter heutigen Rahmenbedingungen bereits wirtschaftlich. Allerdings sind sie oft mit einem höheren Risiko verbunden. Neben technischen Risiken sind es vor allem Marktrisiken und Unsicherheiten hinsichtlich möglicher Regulierungen, die Finanzierungen und die Aufbringung institutionellen Kapitals erschweren. Auch Bankenfinanzierungen sind unter diesen Umständen oft keine Option, sind sie zur Risikominimierung doch in den meisten Fällen an entsprechende Besicherungen und Eigenkapitalquoten gebunden. Diese sind für ProjektbetreiberInnen allerdings nur schwer zu erbringen und so wenden sie sich verstärkt alternativen Finanzierungsinstrumenten wie Bürgerbeteiligungsmodellen zu, oder sind ausschließlich auf die Förderangebote von Institutionen wie den Klima- und Energiefonds angewiesen.

Eine entscheidende Finanzierungshürde ist außerdem die Kleinteiligkeit von Energiewendeprojekten, die sie sowohl für private GroßinvestorInnen als auch für europäische Fonds wenig attraktiv erscheinen lassen. So vergibt beispielsweise die Europäische Investitionsbank Einzeldarlehen nur für Projekte, bei denen sich die gesamten Investitionskosten auf mehr als 25 Millionen Euro belaufen. Um diese Finanzierungsmöglichkeiten trotzdem nutzen zu können, müssen Projekte gebündelt werden, was wiederum hohe Transaktionskosten etwa für die Wirtschaftlichkeits- und Risikobewertung sowie die Administration des Projektbündels zur Folge hat und die Kosten in die Höhe treibt. Besonders innovative Projekte haben meist überhaupt keine Möglichkeit an diesen Fördertöpfen zu partizipieren.

All diesen Hindernissen zum Trotz finden immer mehr institutionelle InvestorInnen Gefallen an Investitionen in die Energiewende. Das ist eine gute Nachricht, denn wie alle Investitionen in Infrastruktur benötigen auch die erneuerbaren Energien vor allem langfristig zur Verfügung gestelltes Kapital, um am Markt wirksam werden zu können. Institutionelle InvestorInnen wie Pensionskassen oder Versicherungen mit ihrem langfristigen Anlagehorizont sind daher bei nachhaltigen Projektrealisierungen gerne gesehen und veranlagen verstärkt in Energiewendeprojekte. Nun gilt es, diesen Aufwind zu nützen: Dazu muss die öffentliche Hand die notwendigen Rahmenbedingungen und Sicherheiten für ein verstärktes Engagement institutioneller Anleger auch im Bereich innovativer grüner Energielösungen schaffen, um damit letztlich auch vermehrt privates Kapital für die Energiewende zu mobilisieren!

„Die öffentliche Hand muss die notwendigen Rahmenbedingungen und Sicherheiten für ein verstärktes Engagement institutioneller Anleger auch im Bereich innovativer grüner Energielösungen schaffen, um damit letztlich auch vermehrt privates Kapital für die Energiewende zu mobilisieren.“

Zur Person:
Herbert Greisberger ist Geschäftsführer und Bereichsleiter „Energie & Klima“ der Energie- und Umweltagentur des Landes NÖ (eNu). Als Volkswirt liegen seine inhaltlichen Schwerpunkte in den ökonomischen Aspekten der Energiewende, der Erhöhung der Energieeffizienz sowie in den neuen Technologien und Innovationen im Energiebereich. Darüber hinaus ist er für das Zukunftslabor der eNu verantwortlich.