Klimafonds
Dossier
Investieren in die Energiewende

Thema
Alles für das Klima

Um die Energiewende und die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen, braucht es in den kommenden Jahren national wie international Milliardeninvestitionen, mehr nachhaltige Umsetzungen und noch mehr innovative Zukunftsprojekte.

Stand: Jänner 2020

Die Herausforderung scheint nicht nur gewaltig, sie ist es auch: Wenn die Energiewende, die hierzulande als #mission2030 bezeichnet wird, zur „Mission Possible“ werden soll, dann müssen bis 2030 rund 30 Terawattstunden Strom aus Solaranlagen, Wind- und Wasserkraft zusätzlich ins Netz. 30 Terawattstunden – umgerechnet 30 Milliarden Kilowattstunden, eine „3“ mit zehn Nullen. Diese Menge entspricht rund einem Drittel der Jahresleistung aller bestehenden österreichischen Wasser-, Speicher- und thermischen Kraftwerke sowie Windkraftanlagen und würde genügen, um allein alle heimischen Haushalte das ganze Jahr über mit Energie zu versorgen. Um diesen gewaltigen Um- und Ausbau stemmen zu können, wird es enorme Investitionen der öffentlichen Hand für Erzeugungsanlagen, intelligente Netze und Speichersysteme benötigen. Noch mehr Förderungen für den Bau von Windparks. Eine noch intensivere Unterstützung bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen und kostenintensive Programme für den Tausch von fossilen auf alternative Heizsysteme. Es wird darüber hinaus aber auch private Gelder und ein positives Investitionsklima brauchen und engagierte Player wie den Klima- und Energiefonds, die innovative Programme und Projekte fördern, unterstützen, vor den Vorhang holen und die dabei helfen, sie aus der Nische in die Breite zu bringen – sie markttauglich zu machen.

Milliardeninvestitionen notwendig
Aber alles der Reihe nach, rollen wir das Thema von der europäischen Ebene her auf und beginnen wir im Jahr 2015: Damals einigten sich in Paris bekanntermaßen 195 Länder erstmals auf ein allgemeines, rechtsverbindliches weltweites Klimaschutzübereinkommen und einen globalen Aktionsplan zur Begrenzung des durch den Klimawandel ausgelösten Temperaturanstiegs von 1,5 Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten. Was sich so wenig anhört, ist durchaus ambitioniert. Stand heute müssten dafür EU-weit die CO2-Emissionen gegenüber 1990 um mindestens 40 Prozent gesenkt werden. Möglich ist das nur über eine umfangreiche Dekarbonisierung des gesamten Wirtschaftssystems, also eines nachhaltigen Umbaus in Richtung mehr Ressourcenschonung und Emissionsreduktion. Berechnungen der EU zufolge sind dafür bis 2030 pro Jahr zusätzliche Investitionen von 180 Milliarden Euro in die Bereiche Energieeffizienz, erneuerbare Energien und umweltfreundlicher Verkehr notwendig. Das wären durchschnittlich 350 Euro pro EU-BürgerIn, Österreich müsste mit seinen rund 8,8 Millionen EinwohnerInnen demnach Mehrinvestitionen von mehr als drei Milliarden Euro jährlich tätigen. Rund die Hälfte davon kostet allein der Aus- und Neubau der Energienetze.

Um die Energiewende möglich zu machen, müssen in Österreich in den kommenden Jahren rund 1,5 Milliarden Euro jährlich in den Aus- und Neubau der Energienetze investiert werden.

Mehr Gelder mobilisieren
Ein entscheidender Beitrag zur Aufbringung der benötigten Geldmittel soll das neue InvestEU-Programm sein. Zielsetzung ist es, damit von 2021 bis 2027 zusätzliche Investitionen von mindestens 650 Milliarden Euro für nachhaltige Infrastruktur, Forschung, Innovation und Digitalisierung zu mobilisieren und die Finanzierung von Investitionsprojekten in Europa einfacher, effizienter und flexibler zu gestalten. Der im März 2018 von der Europäischen Kommission veröffentlichte Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ soll zudem zu einem klimafreundlicheren Investitionsklima beitragen. Aktuell einer der größten Financiers nachhaltiger Projekte auf dem Kontinent ist die Europäische Investitionsbank (EIB), die mehr als 25 Prozent ihrer Investitionen in Maßnahmen zur Bekämpfung der Ursachen und Folgen des Klimawandels steckt. Auf österreichischer Ebene ist in diesem Bereich vor allem die Kommunalkredit Public Consulting aktiv, die im Auftrag des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus und des Klima- und Energiefonds Umweltförderungen vergibt. Das Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen finanziert zudem Projekte und Unternehmen nach ökologischen und sozialen Kriterien in den Bereichen ökologisches Bauen, energiesparende Sanierungsmaßnahmen, erneuerbare Energien sowie ökologische Land- und Forstwirtschaft.

Vorzeigeregionen als Investitionsmotoren
Apropos Klima- und Energiefonds: Der Fonds hat seit seiner Gründung im Jahr 2007 als Investor, Förderer, Vernetzer und Unterstützer etwa mit dem Austrian Climate Research Programme, den Klima- und Energie-Modellregionen oder dem Zero Emission Mobility Förderprogramm ganz entscheidend in die Realisierung und Umsetzung unzähliger Projekte und Studien in Richtung einer nachhaltigen Energiewende investiert. Besonders hervorzuheben ist dabei die Innovationsinitiative „Vorzeigeregion Energie“. In diesen groß angelegten Reallaboren werden mit innovativen Energietechnologien aus Österreich Musterlösungen für intelligente, sichere und klimaverträgliche Energie und Mobilität der Zukunft entwickelt und demonstriert. Dies ermöglicht nicht nur technische Innovationen, sondern stärkt auch die Position österreichischer Unternehmen am Weltmarkt. Allein in den zu den Vorzeigeregionen gehörenden Green Energy Labs entwickeln und testen aktuell mehr als 200 Partner aus Forschung, Wirtschaft und der öffentlichen Hand gemeinsam mit den vier Landesenergieversorgern Energie Burgenland, Energie Steiermark, EVN und Wien Energie nachhaltige Energielösungen. Bis 2025 sollen in diesem Rahmen insgesamt 100 Millionen Euro in innovative Projekte investiert werden.

Um den Strombedarf in Österreich bis 2030 zu 100 Prozent mit erneuerbaren Quellen zu decken, müssen bis 2030 rund 30 Terawattstunden Strom aus Wind- und Wasserkraft- sowie Solaranlagen zusätzlich ins Netz.

 „Mission Innovation“ als Innovationstreiber
Die „Vorzeigeregion Energie“ ist damit ein zentrales Instrument zur Umsetzung der Energieforschungsinitiative in #mission2030, bildete gleichzeitig aber auch die Eintrittskarte Österreichs zur Forschungsallianz „Mission Innovation“. Österreich trat der globalen Initiative im Jahr 2018 mit dem Ziel bei, im Verbund mit mehr als 20 anderen Staaten und der Europäischen Union und gemeinsam mit privaten InvestorInnen und Initiativen wie der von Milliardären rund um Bill Gates gegründeten „Breakthrough Energy Coalition“ den Klimawandel zu bekämpfen und die Entwicklung sauberer Energietechnologien entscheidend voranzutreiben. Zwar sind die beteiligten Länder für einen Großteil der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, aktuell aber auch für mehr als 80 Prozent der weltweiten Energieforschungsinvestitionen. Ziel ist es, diese in den kommenden Jahren deutlich zu erhöhen. Wichtige Parts in „Mission Innovation“ nehmen auch die Vernetzung aller entscheidenden Player und der Wissenstransfer ein: Bei der vom Klima- und Energiefonds organisierten Veranstaltung „Mission Innovation Austria – Dialog in Fokusgruppen“ wurde Ende November 2019 rund 200 ExpertInnen ein Überblick zu themenrelevanten nationalen und europäischen Aktivitäten geboten und konkrete Fragestellungen bearbeitet. Bei der ersten Mission Innovation Austria Week (MIA19) trafen sich bereits im Mai 2019 in Stegersbach und Oberwart VertreterInnen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, um Forschungsergebnisse und Projektvorhaben rund um Energiethemen vorzustellen und politische Rahmenbedingungen für die Energiewende zu diskutieren. Die nächste Mission Innovation Austria Week ist für Ende April in Hall und Innsbruck geplant.

Erfolgsmodell Smart Cities Initiative
Zurück zum Klima- und Energiefonds, der seit vielen Jahren auch mit seiner Smart Cities Initiative massiv in die Energiewende investiert. Seit dem Start des entsprechenden Förderprogramms Smart Cities Demo im Jahr 2010 wurden 126 Einzelprojekte mit mehr als 50 Millionen Euro unterstützt. Damit konnten zahlreiche Umsetzungen und Sondierungen sowohl in Großstädten wie Wien, Graz und Linz als auch in Kleinstädten und urbanen Regionen wie Kremsmünster, Feldbach und Wörgl unterstützt und realisiert werden. Im Projekt „power@work“ (der etwas sperrige volle Titel lautet „Belegschafts-basiertes Geschäftsmodell für eine integrierte PV-und E-Mobilitäts-Infrastruktur“) wurde beispielsweise die praktische und wirtschaftliche Umsetzbarkeit einer Photovoltaik- und E-Mobilitäts-Anlage durch Schwarmfinanzierung in Betrieben untersucht. Mehrere Gemeinden, Unternehmen und Private wollen im „Urbanen Speichercluster Südburgenland“ im Verbund auch kleinste Potenziale im Energiesystem nutzbar machen und damit eine praxistaugliche Vorlage für Umsetzungen und Realisierungen in größerem Maßstab liefern.

Investitionsmotor Smart Cities Initiative: Seit dem Start des Förderprogramms wurden 126 Einzelprojekte mit mehr als 50 Millionen Euro unterstützt.

Große Finanzierungs- und Investitionsbandbreite
Ergänzend und begleitet zu diesen großen Investitions- und Förderschienen gibt es zahlreiche alternative Möglichkeiten zur Finanzierung innovativer Programme oder für nachhaltige Projektinvestments. Diese reichen von Energie-Contracting über unterschiedliche Formen von BürgerInnenbeteiligungsmodellen, wie sie beispielsweise bei den „BürgerInnen Kraftwerken“ der Wien Energie zum Einsatz kommen, bis hin zu Crowdinvesting. Dabei finanzieren viele KleininvestorInnen gemeinsam ein innovatives Projekt oder ein Unternehmen. Die Abwicklung läuft meist über spezialisierte Web-Plattformen wie Crowd4Climate, Crowd4Energy oder die Plattform für Gemeinwohlprojekte. Immer beliebter wird auch die Finanzierung über Green Bonds. Diese grünen Anleihen unterscheiden sich von herkömmlichen Anleihen durch die Zweckbindung des Geldes für ökologische Initiativen und Klimaschutzaktivitäten. In Österreich wurde der erste Green Bond 2014 vom Verbund (als erstes Unternehmen im deutschsprachigen Raum) begeben. Es ging dabei um 500 Millionen Euro für Energieeffizienzprojekte bei Wasser- und Windkraftwerken. 2018 emittierte das Unternehmen einen weiteren grünen Schuldschein über 100 Millionen Euro zur Revitalisierung eines Hochspannungsnetzes für die bessere Integration erneuerbarer Energien. „Umweltanleihen“ wurden hierzulande außerdem von der BKS Bank AG, Kommunalkredit Austria AG, Hypo Vorarlberg Bank AG, Oesterreichische Kontrollbank AG, PV-Invest GmbH, RBI und WEB Windenergie AG emittiert. Mit Frankreich, Belgien, Polen und Irland haben auch bereits einige Staaten ökologische Aktivitäten mit Green Bonds finanziert.

Grüne Zukunft: Mit unterschiedlichsten Investitionsprogrammen soll in den kommenden Jahren noch mehr Geld für nachhaltige und innovative Projekte und Umsetzungen mobilisiert werden.

Gute Idee mit überregionalem Ansatz
Übrigens: Es braucht nicht immer Millionenförderungen und Großinvestitionen, um innovative Projekte auf Schiene zu bringen. Selbst vermeintlich kleine Initiativen und Ideen können – richtig unterstützt – mittel- bis langfristig eine große Wirkung entfalten, wie das Beispiel von markta zeigt. 2017 wurde der von Theresa Imre gegründete digitale Bauernmarkt mit dem „Smart City Award“ des Klima- und Energiefonds ausgezeichnet, heute vernetzt die Plattform bereits rund 300 österreichische LebensmittelproduzentInnen mit Tausenden KonsumentInnen und hilft ihnen dabei ihre regional produzierten Produkte besser an den Mann sowie die Frau zu bringen, regionale Kreisläufe zu stärken und ressourcenintensive Handelswege zu vermeiden. Um den Ausbau des Grundgedankens „vom Bauernhof bis zur Gabel“ weiter zu forcieren, startete das Wiener Unternehmen im Dezember 2019 ein Crowdinvesting, bei dem alle InvestorInnen neben jährlichen Zinsen auch von der Wertsteigerung des Unternehmens profitieren. Mittels Franchise-System will das Unternehmen nun in weitere nationale Ballungsräume expandieren und seine B2B-Serviceleistungen erweitern. Jede und jeder kann so mit einer finanziellen Beteiligung zumindest zu einem kleinen Teil zum Gelingen der rot-weiß-roten Energiewende beitragen.